Liebe Gemeindeglieder,
haben Sie sich schon an die Situation gewöhnt? Kontaktverbot, Maskenpflicht, Abstand halten – immer wieder höre ich Stimmen, die mich davon überzeugen wollen, dass das alles nicht so schlimm ist. „Da gewöhnt man sich schnell daran“. Wirklich?
Gleich vorneweg: Ich finde die Bestimmungen richtig und wichtig, und die Umsetzung bereitet mir auch keine Probleme. Aber daran gewöhnen werde ich mich nie. Jedes Mal, wenn ich Menschen mit einer Gesichtsmaske treffe, werde ich daran erinnert, in welchen Zeiten wir leben. Zum einen natürlich daran, dass auf eine gewisse surreale Art „da draußen“ ein Virus „rumschwirrt“, das schwere Erkrankungen hervorrufen kann und für viele Menschen den Tod bedeutet. Aber an diesem Virus hängt ja noch so viel mehr. Ich werde daran erinnert, dass ich mich in der sehr beneidenswerten Situation befinde, weiterhin arbeiten und mein Gehalt beziehen zu können, während andere Mitmenschen Kurzarbeit machen müssen oder bereits ihren Job verloren haben. Ich denke an die Familien mit Kindern, die auf engstem Raum zusammenleben müssen und verzweifelt versuchen, etwas Abwechslung in den Alltag zu bekommen. Mir gehen die Menschen in den Altenheimen und Krankenhäusern nicht aus dem Kopf, die gerade in ihrer Situation auf Besuche angewiesen wären, damit ihr Leben erträglicher oder der Heilungsprozess beschleunigt wird. Ich fühle mit den Pflegern und Pflegerinnen in allen Einrichtungen, die bis ans Ende ihrer physischen und psychischen Kräfte gehen, um für die ihnen anvertrauten Menschen da sein zu können. Ich habe auch die Menschen vor Augen, die Angehörige zu Hause pflegen und jetzt Angst haben, dass dringend benötigter Urlaub nicht stattfinden kann, weil in allen Alten- und Pflegeheimen Aufnahmestopp ist.
Nein, ich werde mich nicht daran gewöhnen. Zu groß ist meine Sehnsucht nach der Freiheit, die wir vor der Krise genossen haben.
Ich spüre, wie ich langsam ungeduldig werde. Wie lange noch?
Ich muss in diesen Tagen immer wieder an die Geschichte von Noah und seiner Familie und der Arche denken. Auch sie warten dringend darauf, dass sich ihre Situation endlich ändert. Auch sie haben es nicht selbst in der Hand, wann und wie es geschehen wird. Auch sie müssen darauf vertrauen, das am Ende alles gut ist. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.
Mir geben solche Geschichten Mut. Mut zur Geduld und Mut zum Vertrauen darauf, dass der, der mich erschaffen hat, es gut mit mir meint. Wann und was immer auch kommen mag. Am Ende steht der Regenbogen. Das alte Zeichen des Friedens zwischen Gott und Mensch. Vielleicht wollen Sie auch ein wenig vom Regenbogen träumen?
Das Bild zeigt unsere Kirchenpuppe Andrea auf der Treppe zum Keller. Über ihr hängt ein Mosaik aus Holztäfelchen. Dieses Mosaik entstand bei einem Gemeindefest anlässlich des 30. Geburtstages unserer Kirchengemeinde. Gemeindefest - Zusammenkommen, miteinander Gott loben und danken, miteinander feiern – das ist für mich ein Regenbogen, auf den es sich zu warten lohnt und von dem man jetzt schon träumen darf.
Wenn für Sie das Warten zu lange dauert und Sie sich gerne die Zeit mit einem Gespräch vertreiben wollen, rufen Sie einfach an.
Pastor Steinke und ich freuen uns über jedes Gespräch.
Udo Ferle, Diakon