Das neue Jahr hat begonnen wie das alte aufgehört hat, mit hartem Lockdown und sogar noch stärkeren Einschränkungen. Elf Monate bestimmt die Pandemie nun schon unser Leben in vielen Bereichen. Jetzt haben die Impfungen begonnen, und wir können hoffen, dass es besser wird. Aber es wird gewiss noch einige Zeit dauern, bis das Leben sich wieder normalisiert. Haben Sie noch Kraft? Wie ist Ihr Blick auf dieses neue Jahr? Eher zuversichtlich? Oder eher besorgt?
Bei vielen Menschen liegen die Nerven blank, und die Seelenhaut ist dünn geworden. Mir geht es ähnlich. Der Himmel ist oft grau, und die Augen sind müde. Da kommt mir das Wort, das für dieses Jahr in unseren Kirchen als Jahreslosung ausgewählt wurde, gerade recht: „Seid barmherzig!“ Ja!, denke ich, was braucht es mehr im Moment als Barmherzigkeit? Mit den anderen und ganz viel auch mit mir selbst. Obwohl ich eigentlich mehr Zeit haben müsste als sonst, nehmen mich die Gedanken gefangen. Wie geht es den jungen Menschen, die sich für dieses Jahr zur Konfirmation angemeldet haben? Richtiger Unterricht, wie wir ihn sonst kennen, mit Austausch, Spielen und intensiven Begegnungen, war kaum möglich. Und alles mit ganz viel Abstand. Wie geht es den vielen Menschen in den Altenheimen, die einsam sind? Viele sind gestorben, auch hier bei uns in Wallenhorst/Hollage. Viele Angehörige leiden darunter, dass sie ihre Lieben nicht angemessen oder überhaupt nicht begleiten konnten.
Ob jung oder alt oder mitten dazwischen, Sie alle haben bestimmt Ihre Erfahrungen gemacht. „Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich einander viel verzeihen müssen“, hat Bundesgesundheitsminister Spahn zu Beginn des Corona-Ausbruchs gesagt. Das stimmt! Das passt zu dem, was Jesus gesagt hat: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Mich entlastet das. Ja, wir haben uns viel eingesetzt in den letzten Monaten. Vieles haben wir geschafft. Und manches war trotzdem nicht gut. Darum tut es mir so gut, was Jesus sagt: „Du bist ein Kind Gottes. Gott schaut in Liebe auf dich. Überfordere dich nicht! Sei barmherzig mit dir selbst. Und mit den anderen.“
Ich bin froh, dass ich nicht allein bin. Lassen Sie uns miteinander schauen, wo Menschen uns brauchen in diesem Jahr. Lassen Sie uns nach neuen Wegen suchen, wo alte zugebaut sind und nicht den Kopf in den Sand stecken. Und hey: Es ist Januar! Jeden Tag wird es jetzt zwei Minuten länger hell als am Tag zuvor. Ohne dass wir irgendetwas dazu beitragen.
Ich grüße Sie herzlich!
Ihr Pastor Martin Steinke