Nachruf Prof. Dr. Dr. Horst Georg Pöhlmann

Nachricht 29. Mai 2022

„Und Jesus trägt mich durch!“

 

Wie selbstverständlich gehörte Horst Georg Pöhlmann zur Andreasgemeinde. Als aktives Gemeindemitglied brachte er sich bewusst in unsere Gemeinde ein und prägte sie über lange Zeit mit. Das Gebet der Religionen war seine Initiative. Mit den Pastoren Klemenz und Meyer-ten Thoren hielt er Dialoggottesdienste, in die auch die Mitfeiernden eingebunden waren. Viele Jahre leitete er einen Bibelkreis und übernahm Vertretungsdienste an der Orgel.

Sein tiefer persönlicher Glaube hat mich berührt. „Gott segne Sie!“ sagte er oft zu mir. Es gab kein Gespräch, in dem er mir nicht zum Schluss den Segen zusprach. „Und Jesus trägt mich durch!“ war das Motto von Horst Pöhlmann. Diesen Glauben lernte er als Kind in seiner niederbayrischen Heimat bei der Mutter kennen. In Rotthalmünster wurde er am 18. Juli 1933 in eine dunkle Zeit hinein geboren. Unter der national-sozialistischen Ideologie und Schreckensherrschaft hatte die Familie schwer zu leiden. Seine Mutter wurde ihm in dieser Zeit mit ihrem festen Glauben zum Vorbild. Das Gebet und die altvertrauten Kirchenlieder gaben auch ihm Kraft.

So ergriff er nach der Schulzeit das Studium der Theologie und der Altphilologie. Er promovierte und habilitierte sich und lebte fortan für seine wissenschaftliche Arbeit. Dabei verstand er sich immer auch als Pastor. Für sechs Jahre war er Pfarrer in der Kirchengemeinde Maßbach, bevor er außerplanmäßiger Professor an der Universität Heidelberg und ab 1979 Inhaber des Lehrstuhls für systematische Theologie in Osnabrück wurde. Mit seiner Frau und den beiden Kindern zog er nach Wallenhorst, inzwischen gehören zwei Enkelkinder zur Familie.

Sein Beruf war seine Berufung. Er liebte es zu forschen und sich darüber auszutauschen, Bücher und Aufsätze zu schreiben, seine Seminare und Vorlesungen. Die Studierenden, die er über die Lehrtätigkeit hinaus begleitete, lagen ihm besonders am Herzen. Auch hier waren wissenschaftliches Arbeiten und praktisches Leben des Glaubens für ihn eine Einheit. 

Dreimal reiste Horst Pöhlmann gemeinsam mit seiner Frau nach Bangalore, wo er für jeweils ein Semester als Gastprofessor am College lehrte. Diese Reisen waren für ihn der Auslöser, den Verein „Ausbildungshilfe Südindien“ zu gründen. Weit über 1000 Kindern wurden dadurch eine Schulbildung und damit eine Perspektive auf ein Leben ohne Hunger, Krankheit und Betteln ermöglicht. Die Unterstützung der Mädchen und Frauen, die in Indien eine erschreckende Abwertung erfahren, war Horst Pöhlmann besonders wichtig. Er verstand es als seine Lebensaufgabe als Christ, das zu tun, was er konnte, um Menschen zu helfen.

Der Dialog mit den Religionen und Weltanschauungen wurde Horst Pöhlmann immer wichtiger. Tiefe Freundschaften verbanden ihn z.B. mit dem buddhistischen Mönch Ananda aus Bangalore, mit dem marxistischen Philosophen Milan Machovec ebenso wie mit dem Rabbiner Marc Stern. Wegweisende gemeinsame Bücher sind daraus entstanden. Die eigene Herkunft aus dem christlichen Glauben und seine Jesusfrömmigkeit blieben ihm dabei bis zum Schluss wichtig. 

Horst Pöhlmann bleibt mir als Mensch mit vielen Gaben und weitem Herzen in Erinnerung: Ein Mensch voller Sensibilität und Kraft. Willensstark und diszipliniert - und dabei ein Genießer, der gerne reiste und Musik hörte. Konservativ und unkonventionell. „Meditation - and Humor and Jokes“, hat sein Freund Ananda es auf den Punkt gebracht. Ja, er konnte meditieren und lachen. 

Am Tag vor Ostern haben wir uns in der Hoffnung auf die Auferstehung von Horst Pöhlmann verabschiedet und ihn zu Grabe getragen. Er liebte die Osternacht, die er nun in besonderer Weise erleben darf.

Pastor Martin Steinke