Jesus Einzug in Jerusalem (Joh. 12, 12– 19)

A) Bibeltext

Am nächsten Tag hörte die große Menge, die sich zum Fest in der Stadt aufhielt: Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem. Da nahmen sie Palmzweige und liefen ihm entgegen. Sie riefen: »Hosianna! Gesegnet sei, wer im Namen des Herrn kommt! Er ist der König Israels!« Jesus fand einen jungen Esel und setzte sich darauf. So steht es auch in der Heiligen Schrift: »Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Dein König kommt! Er sitzt auf dem Jungen einer Eselin.« Die Jünger von Jesus verstanden dasnzunächst nicht. Aber als Jesus in seiner Herrlichkeit sichtbar war, erinnerten sie sich daran. Da wurde ihnen bewusst, dass sich diese Stelle in der Heiligen Schrift auf ihn bezog. Denn genau so hattenihn die Leute empfangen. Die vielen Leute, die dabei gewesen waren, bezeugten: »Er hat den Lazarus aus dem Grab gerufenund ihn von den Toten auferweckt!« Deshalb kam ihm ja auch die Volksmenge entgegen. Sie allehatten gehört, dass er dieses Zeichen getan hatte. Aber die Pharisäer sagten zueinander: »Da merkt ihr, dass ihr nichts machen könnt. Alle Welt läuft ihm nach!«


B) Das Bild
• Schauen Sie sich das Bild in Ruhe an.
• Das Bild ist nur ein kleiner Ausschnitt der Bibelstelle. Gibt es etwas, was sie dem Bild unbedingt hinzufügen möchten?
• Welche Elemente aus der Geschichte finden Sie wieder? Welche fehlen Ihnen?


C) Weiterführende Gedanken

•Warum wählt Jesus einen Esel für sich als Reittier aus? Warum kein Pferd, oder ein Kamel?

• Warum verstehen die Jünger nicht, mit welcher Erwartung die Menschenmenge Jesus begrüßt? Kennen die Jünger die Schriftstelle gar nicht, die vom Messias auf einem Esel berichtet?

• Was ist der wahre Grundnach Johannes, warum die Menschenmenge Jesus entgegen kommt?

• „Alle Welt läuft ihm nach?“ Klingt das für Sie wie ein Kompliment, oder ist es verächtlich gemeint? Was bewegt die Pharisäer in dieser Szene zu so einer Bewertung?
 
D) Gedanken zum Abschluss: 

Für wen gehst du? - Eine chassidische Erzählung - In der Stadt, wo Rabbi Naftali lebte - so beginnt eine chassidische Erzählung - pflegten die Reichen, deren Häuser einsam oder am Stadtrand lagen, Männer anzustellen, die nachts über ihren Besitz wachen sollten. Als Rabbi Naftali eines Abends spät spazieren ging, begegnete er solch einem Wächter, der auf und nieder ging. „Für wen gehst du?' fragte er ihn. Der gab bereitwillig Bescheid, fügte aber dann die Gegenfrage dran: „Und du, Rabbi, für wen gehst du?" Das Wort traf diesen wie ein Pfeil: „Noch gehe ich für niemanden", brachte er nur mühsam hervor. Dann schritten beide langsam schweigend nebeneinanderher. Schließlich fragte der Rabbi den Wächter: „Wärest du bereit, mein Diener zu werden?" „Das will ich gerne tun“; antwortete der Wächter, „aber was habe ich zu tun?" „Mich zu erinnern“; sagte der Rabbi, „mich daran zu erinnern, dass ich mich regelmäßig frage, für wen ich gehe.“

Nach Martin Buber

Palmsonntag war der Tag, an dem Jesus auf einem Esel in Jerusalem eingezogen ist. Keine Woche später wurde er gekreuzigt. Es war eine Art 'Pride Parade', ein 'Jesus-Coming-Out-Tag'. Verrückt? Nein! Denn die Geschichte geht so:

Jesus hatte die letzten Jahre damit verbracht, durch die Dörfer zu wandern, zu predigen, sich mit den Menschen zu unterhalten und Wunder zu tun. Er war beliebt. Die Leute scharten sich um ihn, folgten ihm nach und hörten auf ihn. Er würde sie befreien. Die Autoritäten hatten Angst vor ihm. Er war ein Held. Dann kam Palmsonntag. Die Leute standen auf beiden Straßenseiten und warteten auf ihn. Sie wedelten mit Palmzweigen, als er auf einem Esel einzog. Sie grüßten ihn und riefen 'Hosianna!' Sie feierten den Mann, den sie verehrten. Der Mann, der genau so war, wie sie ihn haben wollten. Sohn Davids, Retter Israels...

… Coming Out: So viel Freiheit, so viel Freude, endlich ich selbst zu sein. Endlich so zu sein, wie Gott mich wollte. Am Palmsonntag war Jesus noch ein Held. In den Tagen danach zeigte er sich als der, der er wirklich war: Kein politischer Führer, kein Kämpfer gegen die römische Macht, kein brillianter Philosoph. Nur ein Mann Gottes, der ohne Grenzen geliebt hat und bereit war, sein eigenes Leben dafür zu opfern. Kein Held, nur ein verwundbarer Mensch, der sich entschieden hatte, der zu sein, den Gott in ihm gesehen hat. Und die Menschen hassten ihn dafür. Sie waren enttäuscht. Einer verriet ihn, viele verleugneten ihn. Und die Meute schrie: „Kreuzigt ihn!“...

… Palmsonntag war der Tag ohne Wiederkehr für Jesus. An einem festlichen Tag stand er an der Grenze zwischen Leben und Tod. Bevor er endgültig in die Realität von Hass und Gewalt eintauchen musste. Unzählige kennen auch heute das Gefühl. Aber seit Jesu Tod und Auferstehung wissen nicht nur Gläubige, dass dahinter die Freiheit liegt. Hinter den Schmerzen, Verletzungen und Kämpfen beginnt neues Leben. Und du wirst sein, der du sein wirst: Liebend und geliebt."

Die feministische Theologin Hilde Raastad aus Norwegen